11.07.14

Hätte ich das mal vorher gewusst... #5 (julie)

Hätte mir das nicht mal jemand sagen können?... #5 Erziehung.


Also ganz lange Zeit ist das ja so, dass die lieben Babys wirklich einfach machen, was man ihnen so sagt. Sie machen halt so mit und nehmen, was sie kriegen. Sehr schön.

Dann passiert es. Eines Tages, völlig unvorbereitet - das kann ich garantieren - trifft es jeden. Das Trotzalter (wir könen es auch Autonomiephase nennen, wem das besser gefällt).

Uuuuh... ich werde es nie vergessen. Meine erste Begegnung damit. Junge #1 musste mit mir von der Krippe nach Hause gehen und wollte dies aber nicht. War total übermüdet. Bis dahin hat er bei Missgefallen mal etwas gemotzt, aber hier geriet dieser kleine nochmopsbäckige Mann gänzlich aus der Fassung und schrie und tritt und schlug um sich.
AHA, da ist es also, dachte ich!
Hochschwanger musste ich das Kind, das sich weder durch Bonbon-Bestechungen noch durch Versprechungen jeglicher Art (beste Erziehungsmethode aller Zeiten, Mr. Pawlow wusste das schon!) beruhigen ließ, in den Kindersitz stopfen und zu Hause im Bett verfrachten. Alteeer.
Die Mittagschlafzeit gab mit Zeit, über das Erlebte zu sinnieren. Da traf es mich: ohman, jetzt ist es echt soweit. Ich muss das Kind erziehen. Ich muss jetzt sagen, was richtig und was falsch ist, ich muss ihm das jetzt beibringen. Ohgott.
(jaja, ich weiß. Erziehung beginnt sicherlich schon früher, aber da ging das wie gesagt ganz einfach, ohne Diskussion und "abers")
Was ist, wenn ich ein A***kind heranziehe? Das ist alles meine Schuld! Hilfe! Da bin ich jetzt auf mich gestellt, warum hat mir das keiner vorher gesagt, dass ich das Kind nicht nur am Leben halten, sondern auch erziehen muss? Ich bin verantwortlich dafür, wie mein Kind sich entwickelt und was es später für ein Erwachsener sein wird. Ich muss auch mal was verbieten, er darf doch nicht einfach so alles machen, er wird total sozialinkompetent werden, wenn ich alles durchgehen lasse.

Wie gehe ich also vor?

Ich habe bis heute keinen richtigen Plan. Es kommt eben auf die Situation drauf an. Manchmal muss ich hart bleiben und es muss nach MIR gehen, bspw. an der Strasse an der Hand gehen, Zähne putzen, keinen verletzen, keine Sandalen bei Regen, Windel anziehen, auch wenn er lieber aufs Sofa pinkeln würde, nicht das ganze Nutellaglas (jaha, Nutella. Man kann ja auch nicht immer vollwertig essen) leeressen. Aber manchmal, bringt mich der Widerstand  von dem kleinen großen Jungen auch zum nachdenken und ich überlege, ob es wirklich nach meinem Plan laufen muss, was ist so schlimm daran, in Gummistiefeln bei 35 Grad ins Schwimmbad zu gehen? ER schwitzt ja, also meinetwegen. Die Kinder haben so viele Ideen, die würden uns gar nie einfallen. Ich bekomme eine ganz andere Sicht auf die Welt dadurch, überdenke vieles und verändere meine Meinung. Hierzu passt dieses neumodische "dem Kind auf Augenhöhe begegnen". Ja, ich respektiere mein Kind. Es ist ein eigener Mensch und verdient das. Das bedeutet lange nicht, dass ich alles durchgehen lasse.
Und dann gibt es auch Situationen, da hab ich einfach keine Lust. Da begegne ich dem Kind nirgendwo, sondern bin der Bestimmer. Abends fühle ich mich dann schlecht, aber wenn die Kinder Trotzanfälle haben dürfen, sollte mir das auch mal gestattet sein.

Diese Erziehung ist schon ganz schön kompliziert. Es ist nicht nur mein Kind, das ich erziehe, ebenso bin ich es, die erzogen wird. Abenteuer Eltern sein - es wird echt nie langweilig und hält ständig neue Herausforderungen bereit.

(Ich möchte noch eines einfügen: da mein Mann sich sicherlich ausgeschlossen fühlt - wann immer ich hier "ich" schreibe, meine ich damit "wir".)

... "auf Augenhöhe begegnen" :p

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