27.05.15

ihr und ich (Julie)

Du musst ja verrückt sein! Warum tust du dir den Stress überhaupt an? ...

Viele erstaunte, vorwurfsvolle, ungläubige Aussagen trafen mich, als ich mich vergangenen Herbst dazu entschied, Junge #1 wieder aus dem Kindergarten zu nehmen. *

Die ersten Wochen waren schon etwas... speziell. Es dauerte einige Wochen, bis wir uns eingespielt hatten. Da ist eben nie Pause. Es ist 24 Stunden am Tag was los. Geschlafen haben sie in der ersten Zeit nie gleichzeitig.

Aber was wir gewannen, war so viel wert und wog gegen alles auf: Zeit. Wir gewannen eine Menge gemeinsame Zeit. Eine Menge gemeinsamer Unternehmungen, Ausflüge, Entdeckungen, Veränderungen, Momente in denen teilweise die Zeit keine Rolle zu spielen scheint.
Wir können jeden Tag (na gut: fast) jeden Tag in den Tag hinein leben. Ist heute Montag oder Mittwoch? Keine Ahnung! Ist April oder schon Juni? Ist doch egal! Wir machen, wonach uns ist. Spielen, wann wir Lust haben, Essen wann und wozu wir Lust haben (sehr, seeeeehr viel Pfannkuchen). Und was wirklich mal etwas ganz anderes ist und ich auch erst wieder lernen musste: stehen bleiben, wann wir Lust haben.

Und das meine ich sowohl figurativ, als auch wörtlich. Wir standen letztens eine Viertelstunde vor der Mauer eines Supermarktes und beobachteten eine Kellerassel. Das hätte ich sonst vermutlich nie wieder in meinem ganzen Leben getan. Viele Leute rannten an uns vorbei - in dem Moment wurde es mir wirklich ganz deutlich bewusst, wie glücklich ich mich schätzen kann, diese Zeit zu haben. Ganz großer Luxus.


Was aber immer wieder kommt, auch von den Leuten, die unser Kellerasselfernsehen nicht nachvollziehen konnten: "Puuh... Sie haben ganz schön zu tun mit den beiden, oder?" - "mhmmja" oder so ähnlich antworte ich dann. Weil: klar, wie gesagt: langweilig ist mir nicht gerade mit den beiden. Junge #1 ist schon in einem sehr interessanten Alter. Aber: das soll doch so sein, oder? Also ich dachte, ich bekomme Kinder, um auch Zeit mit ihnen zu haben. Die Jungs sind so sehr zusammengewachsen - sie verkloppen sich zwar mindestens die Hälfte des Tages, aber genauso oft halten sie inne, um sich zu umarmen. Wenn der eine nicht da ist, fragt der andere ständig nach ihm.
Sie sind ein Team.

Kurz: wenn man arbeiten muss, verurteile ich das überhaupt nicht! Das meine ich damit nicht!
Ich meine nur, dass wenn man kann, warum ist es so erstaunlich, gerne mit den Kindern zusammen zu sein? Auch wenn es anstrengend ist? Ich finde ganz merkwürdig, dass es kaum jemand nachvollziehen kann, warum ich diesen Weg gewählt habe. Ich bin die Erste, die sehe, wenn sie Neues können - verpasse keine Sekunde. Das wird sein, woran ich mich immer erinnere.
Es ist zwischenzeitlich höllenmäßig anstrengend und es ist unfassbar herzchenaugenverursachend schön.
Wir sind ein Team. 

Partnerlook. Soweit ist es schon gekommen.


*Dies  hatte mehrere Gründe (er fühlte sich dort einfach nicht wohl, der Wechsel aus der Krippe kam zu plötzlich und ohne Eingewöhnung - "machen wir nie so" - aha. Mir war es beinahe unmöglich pünktlich bis halb9 dort zu sein, die Abholzeit mittags war extrem dämlich, beide Kinder waren zu müde, es war nur stressig. Des Weiteren: die Krankheiten. 2 Monate war keiner der beiden gesund. Niemals. Aufgrund des grauenhaftigen, bei jedem Schnupfen wiederkehrenden Krupphustens bis hin zur schweren Atemnot von Jungen #2 war diese Situation von keinem mehr tragbar. Wenn der Kindergarten für alle nur Stress bedeutet, stimmt etwas nicht. Achja,  wir ziehen im Sommer sowieso um, deswegen hätte er dann auch wechseln müssen. War echt alles doof. So entschieden wir uns eben dafür. Also für das Herausnehmen. Gegen den Kindergarten.  

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